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Das erste Schaf hieß Friederich

Es gibt so Tage, an denen klappt das mit dem Einschlafen einfach nicht. Da liegt man im Bett und fühlt sich müde genug zum Schlafen, aber aus irgendeinem Grund schafft das Gehirn es nicht, endlich mal Ruhe zu geben. Gut, dass es für solche Situationen viele gute bzw. gutemeinte Ratschläge gibt.

So ging es mir neulich und ich versuchte ernsthaft einzuschlafen. Es war bereits zu vorgerückter Stunde, meine Augen waren zu müde zum Lesen, im Instagram-Feed gab es auch nichts Neues und so war ich bestrebt, Körper und Geist die für den nächsten Tag nötige Erholung angedeihen zu lassen. In meiner Not versuchte ich, den Klassiker aller Einschlafrituale anzuwenden: Schafe zählen.

Wer nun nicht weiß, was sich hinter diesem ominösen Einschlafritual verbirgt, dem sei eine kleine Anleitung gegeben: Man schließt die Augen und stellt sich einen Zaun vor, über den nacheinander Schafe springen, die man dann zählt. Punkt. Das ist alles.

Erster Versuch

Was so einfach klingt, kann einen doch vor ungeahnte Herausforderungen stellen. Denn nur einen Zaun in ansonsten absoluter Dunkelheit, über den nacheinander ein paar Schafe sprangen, fand ich langweilig und auch unlogisch. Denn schließlich kann man in der Dunkelheit ja eigentlich weder Schafe noch Zaun sehen.

Zweiter Versuch

Und so stellte ich mir rund um den Zaun auch noch eine grüne Auenlandschaft vor, mit einigen niedrigen, grasbewachsenen Hügeln, zwischen denen vereinzelt Sträucher und Bäume wachsen. Verschiedene bunte Blüten sorgen für nette Farbtupfen im sonst grünen Allerlei. Im Vordergrund fließt ein kleiner, lustig-plätschernder Bach, an dessen Ufer Frösche quaken und Libellen surren. Am strahlendblauen Himmel tummeln sich ein paar Schönwetterwolken (oh, die Woke da sieht aus wie ein Teddybär). Und verteilt auf diesem idyllischen Landschaftsbild stehen in kleine Grüppchen unzählige weiße, flauschige Schafe. In ihrer Mitte steht eine attraktive, junge Hirtin und stützte sich auf einen langen Stock. Ihr zu Füßen liegt ein schwarz-weißer Border-Collie und beobachtet gemeinsam mit seinem Frauchen die Schafe.

Es ist nun nicht verwunderlich, dass man nur schwerlich einschlafen kann, wenn man sich all diesen Kram vor seinem inneren Auge vorstellt. Das ist zwar hübsch, aber nicht förderlich.

Dritter Versuch

Also wieder weg mit all dem Gedöns und her mit dem Zaun in der Dunkelheit und den Schafen, die darüber springen. Eins, zwei, drei… Moment, die haben doch auch Namen. Und plötzlich stand neben dem Zaun ein gemütlicher Sessel. Hinter dem Sessel kauerte ein langhaariger Barde und trällerte.

Das erste Schaf hieß Friederich, das war erschreckend niederig.

Oh nein, wer in Ostfrieslands Namen hat Otto in meine Synapsen gelassen? Und wieso kann ich dieses Lied auswendig?

Das dritte Schaf hieß Gunter, wollt‘ nie von Dörte runter.

Nein, ich wollte doch schlafen! Ich wollte keine albernen Blödellieder über Wollknäule hören.

Das tausendste Schaf hieß Haaarald und das war tausend Jahr‘ alt!

Wer braucht schon Schlaf?

Irgendwann bin ich dann aber wohl doch eingeschlafen. Mein erster Gedanke nach dem Aufwachen: „Haaarald!“

Veröffentlicht in Steinschlag

Bildquellen

  • Schaf: Sam Carter auf Unsplash

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