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Die P-Frage

Es ist ja normal, dass man in den Medien von recht unerfreulichen Dingen lesen muss. Das mag unterschiedliche Gründe haben: Zum einen gilt, das sich das Böse, Gemeine, Unfassbare besser vermarkten lässt als jede Adelshochzeit der Welt. Zum anderen hängt es auch von der Sichtweise ab. Wer zum Beispiel kein Auto hat, wird sich über eine in der Zeitung angekündigte Kfz-Steuererhöhung kaum aufregen.

In der Politik gehört es zum guten Ton, regelmäßig über die K-Frage, die V-Frage und mitlerweile auch über die P-Frage zu diskutieren. Im Gegensatz zu der Frage wer der nächste Kanzlerkandidat oder der neue Vorsitzende einer Partei wird, ist die Frage nach neuen Plagiaten aber deutlich neuer und weitaus weniger amüsant.

Nachdem es bereits Karl-Theodor von Guttenberg (CSU) und Silvana Koch-Mehrin (FDP) ereilt hatte, durfte man nun in den Medien von einem erneuten Plagiats-Verdacht lesen. Das Trio soll Bernd Althusmann (CDU) komplett machen, seines Zeichens ausgerechnet Kultusminister in Niedersachsen, der bei seiner Doktorarbeit zumindest Zitate falsch gekennzeichnet habe. Bis heute wusste ich nicht einmal, dass er überhaupt einen Doktor-Titel hat. Der Unterschied zu seinen zwei Vorgängern liegt im Detail: Demnach hat Althusmann zwar Passagen markiert, die nicht direkt aus seiner Feder stammten, aber nicht wissenschaftlich korrekt. Über die Folgen entscheiden jetzt Wissenschaftler, die dies bei der Abgabe der Arbeit anscheinend nicht bemerkt haben.

Entdeckt wurden die Fehler aber nicht etwa von irgendwelchen vernarrten Freaks, die unbedingt mal einen „Großen“ zu Fall bringen wollen und sich im Internet zur Plagiatsjagd zusammenrotten, sondern von der Online-Ausgabe der Wochenzeitung „Die Zeit“. Diese hatte wohl rund die Hälft der Doktorarbeit untersucht und auf etwas mehr als drei Vierteln Fehler gefunden.

Mir stellt sich dabei die Frage, warum eine Zeitung (egal ob online oder offline) überhaupt auf die Idee kommt, sich die Doktorarbeit eines Politikers anzusehen, diese in mühevoller (und damit wahrscheinlich auch kostenintensiver) Recherche auseinander zu nehmen und das Ergebnis dann genüsslich zu veröffentlichen? In Zeiten von Euro-Krise, blutigen Aufständen in der arabischen Welt einer tollen Fußball-WM im eigenen Land gibt es doch massenhaft andere Themen über die man berichten kann und sollte. Hier geht es doch nur um Aufmerksamkeit und Auflage.

Wenn das so weiter geht, dann werden demnächst alle Persönlichkeiten des öffentlichen und politischen Lebens der Bundesrepublik aus Angst um Ihre Karriere freiwillig Ihre Doktortitel abgeben. Und mal ehrlich: Von den meisten Doktortiteln weiß doch kein Mensch.

Bei solch einer Häufung sollten sich aber auch einmal die Universitäten überlegen, ob nicht eine intensivere Kontrolle der Dissertationen angebracht wäre. Beim notorischen Geld- und Personalmangel hilft vielleicht noch die Technik. Dennoch dauert eine Überprüfung dann ggf. auch mal deutlich länger als ein paar Wochen. Die Arbeit an einer Doktorarbeit ist ja in der Regel auch nicht nach ein paar Tagen erledigt.

Veröffentlicht in Steinschlag

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